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1. Kreis Friedberg - S. 16

1914 - Gießen : Roth
16 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. It. Langenhain, Fauerbach und dem am pfahlgraben gelegenen pfarr- dorf Hochweisel (665 Einwohner) ziehen die größten Teile der Feld- marken in die lvetterau hinein, und ihrem fruchtbaren Loden ist die Er- zeugung schweren Getreides und vorzüglichen Gbstes zu danken, hoch- weisel besaß ein bedeutendes Beguinenhaus, das später ein Spital wurde. Aus 1571 stammt das mit der Breitseite nach der Grtsstraße stehende älteste Lauernhaus. Kuf dem „hoyerplatz" steht die riesige, wohl 300 Jahre alte „hoyerlinde", unter der früher ein altgermanisches Fest abgehalten und durch das hoyer- und Kirchweihfest fortgesetzt wurde. Vielleicht war der ganze Platz mit Linden bewachsen, ein den Göttern geweihter Lindenhain. Östlich von Hochweisel liegt das schöne Pfarrdorf Ostheim (606 Ein- wohner). Es besitzt in seinem Rathaus ein interessantes, altertümliches Fachgebäude, das in einstiger Schönheit wieder hergestellt worden ist. Leine hübschen, zum Teil neuzeitlichen hofreiten, eine wegen vorzüglicher Ware geschätzte Molkerei beweisen die Blüte der Landwirtschaft, die auch eine Haltestelle an dermain-ll)eser-Bahn alsnotwendigkeit hat erscheinen lassen. Zwischen Gstheim und Butzbach, etwa in der Mitte gelegen, ist das große wohlhabende, langgestreckte pfarrdorf Niederweisel (1350 Ein- wohner). In der heute zu einem Kapitelsaal des mildtätigen Johanniter- ordens verwandelten Komtur- oder Johanniterkirche besitzt es ein aus dem 13. Jahrhundert stammendes, zum Teil in romanischem, zum Teil in gotischem Stile errichtetes Gebäude, das ursprünglich eine Doppelkirche war. Der untere Teil zerfällt in drei Schiffe, die durch runde oder viereckige mit halbrunden Ansätzen versehene Säulen geschieden sind. Das mittlere verläuft nach außen in eine halbrunde Nische. Im oberen Räume wurden Kranke von Johannitern gepflegt. Durch die seitlichen Öffnungen in den Wölbungen war es den armen Leidenden möglich gemacht, am Gottes- dienst teilzunehmen. Neben der oben erwähnten Kirche stehen das Haupt- gebäude des einstigen Komturhofes und ein Neubau, die den Zwecken des Johanniterhospitals dienen, in dem schon viele Kranke Linderung ihrer Leiden oder Heilung gefunden haben. Ostlich von Butzbach, an der Wetter, liegt das pfarrdorf Griebel (alem. Grcdewilre, 840 Einwohner), das -einst den Falkensteinern, dann den Epp- steinern gehört hatte, von diesen an Solms-Braunfels und endlich an Hessen kam. Im sogen. Hessenkriege (1646) hatte in dem Dorfe der darmstädtische Befehlshaber Eberstein sein Hauptquartier aufgeschlagen. 5lus dem früher Solmsischen Rentamt „Burg" stammt der berühmte deutsche Gelehrte und feinsinnige Dichter Moritz Earriöre. — Das Schulhaus schmückt ein Relief- bild des einstmals hier wirkenden, geschätzten Lehrers Jost. Griedel sowohl, wie das wenige Kilometer davon in nordöstlicher Rich- tung gelegene, 1460 Bewohner zählende, Vetterdorf Gambach sind Statio- nen der Bahn Butzbach—lich. Die Gemarkung des letzteren, in der sich er-

2. Kreis Friedberg - S. 18

1914 - Gießen : Roth
18 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 11. denn eine Schar junger Friedbergerinnen hat sich darin zur Schillerschnl- gemeinde vereinigt. Die nüchterne Burgkirche und der Wasserturm passen nicht zu dem bunten mittelalterlichen Bild, besser schon der schmucke Zankt Georgsbrunnen aus 1738, dessen lateinische Inschrift etwa zu deutsch be- sagt: ,,(Es hat Natur lang widerstrebt, bis endlich herbeifloß ersehnetes Wasser, ein köstliches Uaß". hinter ihm erhebt sich das aus dem einstigen Burggrafiat (Siidbau) und dem Deutschordenshaus (Nordbau), dem Sitz der mittelrheinischen Reichsritterschaft, hergestellte Schloß unseres Landes- herrn. Dieinschrift des schönen,dreiteiligentores: ,,Friede denkommenden. Friede den Scheidenden, des Friedens süßer Engel umheg das ganze Haus" — Klingt wie ein herzlicher Gruß, der dem hochverehrten Schloßherrn geweiht ist. Während hinter dem nördlichen Burgeingang in einem Mittelalter- lichen Bau die Schillerschule Unterkunft gefunden hat, beherbergen die ehemaligen Verwaltungsgebäude der Burg, zu welchen die Kanzlei neben dem Südtor (rechts) gehört, die Zöglinge des im Jahre 1817 gegründeten Großherzogl. Lehrerseminars. Huf dem freien Platz zwischen den beiden Lehrgebäuden steht das schlichte Peter-Müller-Denkmal, das uns an den Komponisten inniger Volksweisen, vor allen: ,,Gold'ne flhre, du mußt fallen" gemahnt. Über dem erwähnten Tore prangt nach der Stadtseite zu der doppeltköpfige Raiseradler mit Schwert, Szepter und Brustschild, auf dem sich das Wappen der mittelrheinischen Beichsritterschaft und das der Stadt befinden. Darunter ist eine den Burgfrieden schwörende Hand mit den Worten: ,,Frid sy by uch !" (Friede sei mit (Euch !). Huf der West- seite der Burg tritt nach der Vorstadt zu der dicke Turm hervor. Schauen wir nun nach Süden, so schweift unser Huge über die breite Kaiserstraße, ihre oft recht malerischen Hnbauten und empor zu dem Turme der Liebfrauen- oder Stadtkirche, die gleichsam das Wahrzeichen der ein- stigen freien Reichsstadt, wie der Hdolfsturm das der Burg ist. Ts ist schade, daß der unselige Streit zwischen Stadt und Burg den Husbau der Türme verhinderte, da das Gotteshaus dann auch äußerlich dem Dom der heiligen Elisabeth zu Marburg gleichkommen würde. Das Innere des im Jahre 1250 begonnenen, schönsten gotischen Baues von Oberhessen zeigt ein dreiteiliges Langhaus, dessen zwölf Säulen die mächtigen Spitzbogengewölbe tragen und das durch einen fünfteiligen Thor in dem das Sakramentshäuschen und die Thorstühle besondere Schmuck- stücke sind, haben in dem Lettner (Lesebühne) eine Scheidewand. Die mit schönem Maßwerk versehenen Fenster sind mit wundervollen älteren und neueren Glasgemälden geschmückt, von den portalen des in den Icchren 1896— 1901 herrlich erneuerten Gotteshauses, das eine großartige Grgel

3. Kreis Friedberg - S. 21

1914 - Gießen : Roth
Kreis Friedberg, bearbeitet von A. Storch. 21 der Zisterzienser-Kbtei Arnsburg übertragen. $me Bauern aus den um- liegenden Ortschaften siedelten freiwillig in den Schutz der Vurg (als „cives"), um nun als Kaufleute und Handwerker (Straßenkreuzung) die reichen Erwerbsmöglichkeiten auszubeuten. So entstand die Stadt, die im Mittelpunkt eines verzweigten Straßennetzes lag und schon dadurch als Reichsstadt galt, daß sie aus Reichsgrund und -Boden erbaut worden war. Selbstverständlich wurde auch sie befestigt, wir sehen noch einen Rest der Stadtbefestigung im roten Turm, unweit der heutigen katho- lischen Kirche. Bereits 1226 tritt die Stadt in ein Bündnis mit Mainz, Friedberg nach Merian 1650. Bingen, Worms, Speyer, Frankfurt und Gelnhausen. Ursprünglich waren der Burggraf und die Burgmannen mit den Bürgern der Stadt zu einem Ge- meinwesen verbunden. Im Jahre 1245 hatte aber jede für sich ihr Siegel und Gericht. Mit zunehmender Wohlhabenheit suchte sich die Stadt der Vor- mundschaft der Burg zu entziehen, und nun entbrannte ein langer Streit, der wohl durch kaiserliche Sühnbriefe für eine Zeitlang unterdrückt wurde, der aber immer wieder aufflammte. Anfänglich war die Vurg, die öfters Beschädigungen erfuhr und 1273 sogar zerstört wurde, im Nachteil. Die Reichsstadt, die 1254 in den Rheinischen Städtebund eintrat, nahm an Wohlhabenheit zu, was die Errichtung des großartigen gotischen Domes der Liebfrauenkirche, mit deren Bau 1250 begonnen wurde, beweist. In derselben Zeit (1260) ist auch das Judenbad erbaut. Zu gegenseitigem Schutz und Trutz ging Friedberg 1265 ein Bündnis mit mehreren Städten und Wetterauer Herren ein und 1273 schloß es den ,,ewigen Bund" mit

4. Kreis Friedberg - S. 39

1914 - Gießen : Roth
Kreis Friedberg, bearbeitet von A. Storch. 39 Dadurch nun, daß das Schloß Eigentum von Kurmainz wurde und blieb, entstand in Vilbel eine neue katholische Gemeinde, die ihre Gottes- dienste bis zur Erbauung einer eigenen Kirche in der Schloßkapelle abhielt. Wie so viele Gegenden Deutschlands, hatte auch die hiesige sehr unter den Unbilden des traurigen Religionskrieges zu leiden, spanische, Tillysche und kroatische Truppen führten durch ihr wüstes Regiment Armut und Krankheit in den gesegneten,Gau herein. Edie groß die Not war, und wie wertlos die Güter wurden, geht u. a. auch daraus hervor, daß man für etwa 80 Mark nach heutigem Gelde eine ganze hofreite erwerben konnte, von vielen Ortschaften war noch kaum eine Spur vorhanden, von anderen redeten die wenigen Häuser in erbärmlichem Zustande vom Schrecken voraufgegangener Tage. Die Kirchen standen häufig kahl und öde, aller Wertgegenstände beraubt. — Ts verging nach dem Friedensschlüsse 1648 eine Reihe von Jahren, bis die Gemeinden sich erholten, bis auch in Vilbel die Kirche wieder schön hergestellt wurde, ein Zeichen treuen Opfer- sinns, bis neue Häuser gebaut und Handwerk und Handel von neuem aufgenommen wurden. Im Jahre 1664 wird das ehemalige Dorf Vilbel zum ersten Male als Stadt bezeichnet, die 1736 in den Besih des Kurfürsten- tums Hessen-Kassel überging. Durch die Schlacht bei Bergen im sieben- jährigen Kriege (1759), die zwischen dem Herzog von Broglie und dem Herzog Ferdinand von Braunschweig ausgefochten wurde, kam auch Vilbel in den Bereich des Kampfes. — während die Ruine des Schlosses, das 1796 vom französischen General Kleber zerstört worden war, durch Reichsdeputationshauptschluß (1803) an Hessen-Darmstadt fiel, erlangte dies 1816 auch die Herrschaft über die Stadt, die sich unter seiner trefflichen Verwaltung sehr gut entwickelte, vor sechzig Jahren hatte sie nur 2800 Einwohner, heute ist deren Zahl aus fast das Doppelte gestiegen. — heimatsehnen. Weile ich in fernen Landen, Sehn' ich mich dorthin zurück, Wo mein Vaterhaus gestanden, Wo umfing mich Mutterglück. Es kann die Heimat ja allein Mein allerbestes Glück nur sein A. Storch. 2. Schöner nirgends Blumen blühen Als bei uns daheim im Feld, Und der Heimat Sterne Glühen Gleichet nichts auf weiter Welt. Es kann die Heimat ja allein Mein allerbestes Glück nur sein. 3. Wenn ein Sonntagsglöckchen klinget, Zieht die Andacht mir ins Herz, Und mir ist's, als ob man singet Heimlich leis' im Sehnsuchtsschmerz- Ts kann die Heimat ja allein Mein allerbestes Glück nur sein. Oeorg-t M -, t-.Institut för internationale Schult)'.: Brau iütehti I fcxi<. n i L>:.

5. Kreis Friedberg - S. IV

1914 - Gießen : Roth
Iv Cflstellgflhlburd Römisches Kastell. a Vorderes, dem Inland zugekehrtes Haupttor, b hinteres, dem Feindesland zugewandtes Tor, c linkes, cl rechtes Seitentor, I' Prätorium (Exerzierhaus, Zeughaus), v Gebäude der Militärverwaltung ^ das Kastell war mit einer zinnengekrönten Mauer mit dahinterliegendem Wall und davorliegenden Iin>- gang und 2 Spitzgraben umgeben. Butzbach! Nachbildung eines römischen Wachtturms (Schrenzerhöhe). Seite 4. Fachbau mit Ginsterbedachung und umlaufender Galerie, Pfahlzaun mit davorliegendem Graben, römischer Soldat auf der Zugbrücke.

6. Kreis Friedberg - S. 5

1914 - Gießen : Roth
Kreis Friedberg, bearbeitet von A. Ztorch. 5 Im zweiten Jahrhundert christlicher Zeitrechnung brachen aus der Oder- und Weichselgegend die Klamannen hervor und wendeten sich süd- wärts. Der Römer Probus aber drängte sie über den Neckar und die rauhe Hip zurück und zwang sie zu fester Knsiedlung. Sie wurden nun bis zu Anfang des 6. Jahrhunderts die Herrn unserer Gegend. Die Orts- namen Griedel (Gredewilre), Mörlen (Morwilre), Rendel (Ranttvilre), Vilbel (Felwilre) erinnern an sie. c) Frankenherrschast - Christentum in der Wetterau. Nach dem Siege des salischen Frankenkönigs Chlodwig I. (um 500 n. Chr.) kam die „Wedereiba" (Wettergau) unter das Machtgebiet der Franken, in welchen die Chatten, die später als Hessen erscheinen, auf- gingen. Mit dem Christentum wurden die rauhen Natursöhne zuerst durch römische Legionen oder durch Händler bekannt. Später kamen irische Glau- bensboten, wie Kilian, welche des Heilands Lehre verkündeten. 5lm erfolg- reichsten in der Missionstätigkeit für Hessen, Thüringen usw. war wohl der Angelsachse Winfried, genannt Bonifatius (f754). Wenn auch nur aus dunklen Sagen die Kunde klingt, daß der Kpostel der Deutschen auf den höhen der Taunusausläufer gepredigt und getauft habe, so dürfte doch aus dem Schreiben des Papstes Gregor Iii. von 732, in dem auch die Wetterauer aufgefordert werden, dem Bonifatius gehorsam zu sein, immerhin hervor- gehen, daß genannter Heidenmissionar in der Nähe von uns ein dankbares Wirkungsfeld gefunden hat. vom 11. bis 14. Jahrhundert wurde durch Stiftungen reicher Leute der Grund zu dem ungeheuren Reichtum und gewaltigen Grundbesitz der Kirchen und Klöster gelegt, die der Erzdiözese Mainz unterstellt wur- den. Ts entstand das prämonstratenserkloster zu Ilbenstadt 1123, die Zisterzienserabtei Arnsburg 1151, das Zisterzienser Schwesternkloster Marienschloß (Nockenberg) 1332, das deutsche Grdenshaus zu Niederweisel 1266, das 5lugustinerkloster 1260 und das der Franziskaner 1293, beide zu Friedberg. — In kirchlicher Hinsicht wurde die Wetterau von einem 5lrchi- diakonus (zu Mainz) und zwei Dekanen (zu Södel bzw. Friedberg und Roßdorf bei Windecken) verwaltet. Der geistliche Gberherr hielt jährlich zwei- oder dreimal in seinem Bezirk sogenannte Sendgerichte ab, aus welchen Irrlehren aufgespürt und zur Rechenschaft gezogen wurden. d) Gaugrafschaft, genten, Gemarkungen. Die Wettemu*) (wie die Gegend seit 736 genannt wurde) bildete, wie auch aus den Schenkungsurkunden der Klöster Lorsch, Fulda, Hersfeld her- *} Der frühere politische Legriff Wetterau überragte den heutigen geographi- schen bei weitem. 5lußer Friedberg rechnete man z. B. im Mittelalter auch noch

7. Kreis Friedberg - S. 6

1914 - Gießen : Roth
6 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 11. vorgeht, eine Gaugrafschaft, die in sieben Untergaue (Zenten), welche ur- sprünglich aus je 12 Dorfschaften Marken, Feldgemarkungen) bestanden, zerfiel. - Sie war zur Zeit der Franken dicht bevölkert und gut bebaut. Wenn die Sprache die fränkische war, aber Anklänge an die schwäbische und gotische besaß, so darf dies als ein Beweis gelten, daß Bauern anderer Stämme sich hier angesiedelt und mit den ursprünglichen Bewohnern ver- mischt haben. Der Gaugraf, dessen Amtssitz Roßbach v.d.h. war, hatte den Land- stürm aufzubieten, die königlichen oder herzoglichen Güter zu verwalten und Gericht abzuhalten oder abhalten zu lassen. Aus einigen herrengütern bezog er den Unterhalt, und ferner erhielt er aus den einzelnen haus- Haltungen von Rechts wegen Abgaben in Form von Hühnern oder Hafer, bezw. in Leistung von Fuhren. Wenn anfangs die deutschen Könige die Gaugrasschaft der Wetterau besetzten, so übten dieses Recht später die herzöge der Rheinsranken, bezw. die pfalzgrafen im Austrage des Königs aus. Unter einer Linde auf der Malstätte hielt der Gaugraf, unterstützt von den Zentgrafen, Gericht über wichtige Angelegenheiten und Vorkommnisse ab. Geringfügigere Rechtssachen dagegen wurden von der Dorfgemeinde in besonderen Gerichten, an deren Spitze der gewählte Dorfgraf stand, erledigt. Ein Dorf entstand dadurch, daß mehrere Lauerngehöfte geschlossen neben einander gestellt wurden. Es war mit einem Graben oder mit einem Zaun umgeben, um vor wilden Tieren und Diebsgesellen sicher zu sein. Innerhalb dieser hege genoß der verfolgte Schutz' es durfte keine Blutrache an ihm genommen werden. Außerhalb des Zaunes lag das Ackerland, das in drei (seltener in vier) Fluren für Winter-, Sommerfrucht und Brachland zer- fiel und in Morgen eingeteilt wurde. Dreißig solcher bildeten eine Hube. Nach und nach erwarben die Dorfbewohner eigenes Land. Ein anderer Teil, der Gesamteigentum blieb, wurde in einzelnen Stücken an die eigentums- losen Leute verliehen. Die Wiesen gehörten einer oder auch mehreren Ge- meinden zugleich. Der Wald war der Zent, einzelne Teile fielen auch dem Landesherrn zu. Der freie Bauer erhielt sein Bau- und Brennholz. Die Nach- bargemeinden durften ihr Vieh auf abgeerntete Acker und in Wälder treiben. Der größte Teil der Wetterauer Bewohnerschaft gehörte zum Stande der Freien. Reichere Wetterauer Gutsbesitzer verliehen einen Teil ihrer Ländereien gegen Zinsabgabe (Frucht, Geld) an die sogenannten Zinsbauern, Hofs- Frankfurt. Wetzlar und Gelnhausen zum „Wettergau" („Wetterauer Ztädtebund"!). Das einheitliche Gefüge des Wettergaues wurde übrigens durch umfangreiche Schen- kungen an. die Kirche seit Karl dem Großen (f 814) und durch das Erblichwerden der Lehen seit Konrad Ii. (f 1039) vielfach zerstückelt. —

8. Kreis Friedberg - S. 7

1914 - Gießen : Roth
Kreis Friedberg, bearbeitet von A. Storch. 7 reute, höfer, hubener. — Dieses Leihgut war unter den Nachkommen der höfer erblich, es konnte mit Genehmigung des Herrn an andere verkauft werden, die dann höfer wurden. e> Burgen und Edelherren in der Wetterau. Durch Schenkung weltlicher Güter seitens der Kaiser an Klöster und Kirchen, sowie durch die Sitte, nachgeborenen Söhnen Stücke Landes, Dör- fer, Burgen, Städte zu vererben, wurde die Gaugrafschaft Wetterau geteilt. Diese fürstlichen Sprossen, Edelherren genannt, errichteten in ihren Gebieten Festungen, Bürgen, um gegen Angriffe von außen geschützt zu sein. Selten rief der Kaiser zu offenem Kampf den Heerbann auf, der vom Herzog geführt wurde, man war mehr zum Belagerungs- und Verteidigungs- system, also zum Festungskrieg, übergegangen. — In der nördlichen Wetterau schaltete und waltete das in hohem Kaiser- lichem Ansehen stehende Geschlecht der Herren von Rinzenberg. Der eine von ihnen (Kuno I.) hatte die ursprünglich den Herren von Arnsburg ge- hörige Burg, die durch Heirat an sein Haus gekommen war, Mönchen über- lassen und auf dem Minzenberge eine neue Burg erbaut. — Nach dem Aus- sterben der männlichen Linie derer von Minzenberg fiel die Burg an den Herrn Philipp von Falkenstein, welcher Isengard von Minzenberg heim- geführt hatte. Nach den Falkensteinern werden die Herren von Eppenstein Besitzer der Burg, dann die Grafen von Stolberg. Während im Süden der Wetterau die Grafen von Hanau auftauchen, erscheinen im Osten die (Edelherren von Büdingen, die später in den Grafenstand erhoben wurden. f) Reichs- und Landstädte und Reichsgebiete in der Wetterau. Das Wahlkaisertum trug den Keim des Niedergangs in sich, indem die Kaiser den Kurfürsten allerlei Rechte abtraten, um sie für die Wahl ihres Sohnes zu gewinnen. Außerdem besaßen die Kaiser, welche auf eine Der- größerung ihrer Hausmacht bedacht waren, Vorliebe für außerdeutsche, besonders italienische Besitzungen. Die Kufgabe der Rechte schwächte das Kaiseransehen, und die lange Abwesenheit vom Reiche ließ die Selbständig- keit der Einzelfürsten, der herzöge, groß werden. Um nun diesen gegen- über ein Gegengewicht zu gewinnen, begünstigten die Kaiser die Besiedelung der Plätze vor einer Burg und bedachten diese Gemeinwesen mit Rechten und Freiheiten. So haben die Hohenstaufenkaiser Frankfurt, Gelnhausen und Friedberg entstehen heißen und zu Reichsstädten erhoben. Kn die Burg Friedberg lehnte sich nach Süden die Stadt an, die beson- ders Schutz nach Süden und Osten bedurfte, die Burg nur nach Süden, da sie nach Norden und Osten durch steile 5lbhänge natürlichen Schutz besaß. Der Burggraf und 12 Schöffen, zu welchen später 12 Ratsherren traten,

9. Kreis Friedberg - S. 8

1914 - Gießen : Roth
5 Heimatkunde des Großherzogtums Hessen. Nr. 11. bildeten Gericht und Verwaltung der Stadt. Zeit 1306 gehörten 6 Burg* mannen dem Stadtrate an. Um treue Untertanen und bei Ausbruch von Streitigkeiten ergebene Wehrmannschaft zu haben, begünstigten nun auch Fürsten und Edelherren mit kaiserlicher Erlaubnis die Knlage von Wohnplätzen an ihren Burgen. Indem diese Gemeinwesen befestigt und mit besonderen Vorrechten aus- gestattet wurden, wuchsen sie sich zu Landstädten aus. So erhielt Münzen- berg 1247, Butzbach 1321, und zwar letzteres von Ludwig dem Baier, Stadtrechte. In der Wetterau gab es bis in das 15. Jahrhundert hinein eine 5lnzahl reichsunmittelbarer Dörfer und -Gerichte. Diese verwaltete im Kuftrage des Kaisers ein Landvogt. Ihm war auch die Feldhauptmannschaft über die wetterauischen Reichsstädte übertragen, als sich diese zum Schutze gegen die Raubritter zu einer Eidgenossenschaft verbunden hatten. Schon vorher gehörten sie zum rheinischen und später zum schwäbischen Städtebund, um gegen die Friedensstörer ins Feld ziehen zu können. So zerstörte der Landvogt Hermann von Rodenstein mit Hilfe der Reichsstadt Friedberg u. a. die Ritterburgen zu Karben, höchst und Lindheim. 5) Die Reformation in der Wetterau. Schon im Jahre 1520 schloß sich ein großer Teil der Wetterauer Ritter- schaft der Lehre Luthers an. Mehrere Klöster wurden aufgehoben, und ihr Gut wurde zu Schul- und milden Zwecken verwandt. In Friedberg kam die neue Lehre 1558 zur völligen Durchführung. Als Philipp der Groß- mütige und die Grafen von Hanau sich dem Luthertum zuwandten, wur- den viele Grte unserer Wetterau evangelisch, während andere mit Hilfe von Kurmainz der alten Lehre treu blieben. 5lm Anfang des 17. Jahr- Hunderts bürgerte sich in manchen Grafenfamilien die Lehre Zwinglis und Calvins ein. Schon früher kamen in mehreren Wetterauer Städten gelehrte Schulen auf, wie zu Friedberg 1543 (Barfüßer-, dann Augustiner-Schule), zu Butz- bach 1540. Daneben bestanden (zum Teil schon viel früher) Elementar- oder Deutschschulen. h) Der 30jährige Krieg und seine Folgen in der Wetterau. Wenn in der Wetterau vor dem 30jährigen Kriege ein wohlhabender Bauern- und Bürgerstand lebte, so war davon nach dem schrecklichen Kampfe nicht mehr viel zu merken. Es zogen die Scharen Tillys, der Schweden u. a. herein und hausten wie in vielen anderen Gegenden unseres Vaterlandes entsetzlich. Bald lagen weite Strecken des Landes wüst. Wohl waren schon früher manche Wetteraudörfer verschwunden, so daß heute nur noch die

10. Kreis Friedberg - S. 9

1914 - Gießen : Roth
Kreis Friedberg, bearbeitet von A. Storch. 9 Flurnamen an sie erinnern, wie z. B, in der südlichen Wetterau Straß- heim, in der nördlichen Rieder-Hörgern, aber von anderen Ortschaften war ein großer Teil in Trümmer gesunken. Hunger und Krankheit (Pest) herrschten, und Raubgesindel machte die Straßen unsicher. Das herrenlos gewordene Gut ging in den Besitz der Lehnsherren über, es entstanden auf diese Weise große Gutshöfe. Die ärmere Bevölke- rung wurde in den Dienst der 5ldeligen gezwungen. Diese glaubten, bestärkt durch das Vorbild Ludwig Xiv., die Bauern zu ihren Leibeigenen machen und durch strenge Gesetze ihre Rechte beschränken zu können. Beschwerden, die gegen solches vorgehen im Reichskammergericht geführt wurden, kamen oft bei dem schleppenden Gang der Geschäfte nicht zur Verhandlung. 5ln Stelle der öffentlichen Gerichtsverfahren traten die geheimen schriftlichen. Landgraf Philipp Iii. von Butzbach. Während des dreißigjährigen Krieges, und zwar von 1622—1643, besaßen Butzbach und eine Anzahl benachbarter Ortschaften, das 5lmt Butz- bach-philippseck und die Herrschaft Itter, in Philipp Iii., dem Bruder Lud- wigs des V., des Getreuen (1596—1626), einen eigenen Fürsten. In dem mit Gemälden, Bildhauerwerken verzierten, mit einer Stern- warte ausgestatteten und von einem herrlichen parke umgebenen Schlosse wohnte der Landgraf, welcher ein bedeutender Gelehrter, ein tüchtiger Sprachkenner und ein hervorragender Astronom war. Einen zweiten Schloßbau (Philippseck) errichtete der kunstsinnige Fürst auf einer Knhöhe vor dem freundlichen, am Eingange des lieblichen Issel- tales liegenden Taunusdörfchen Münster. Wenn Philipp Iii. außer der Muttersprache sehr wohl des Fran- zösischen, Italienischen, Spanischen kundig war, so besaß er auch große Ge- wandtheit im Lateinischen, Griechischen und hebräischen. Eine treffliche Übersetzung des Klten Testamentes wird heute noch als wertvolles Besitz- tum der Darmstädter Hofbibliothek aufbewahrt. Die Sternkunde war ihm nicht eine Spielerei, nie stellte er sie in den Dienst eines Wunderglaubens. Nicht wie Wallenstein suchte er aus der Stellung der Gestirne ein Nienschenschicksal zu entziffern. Im Interesse reiner Wissenschaft verfolgte er der Sterne Bahn. Wenn Johannes Faul- Haber aus Ulm ihm befreundet, wenn er mit Galilei von einer Reise nach Italien in Beziehung getreten war, so war Johannes Kepler her geschätzte Gast des gelehrten Landgrafen. Mit ihm bestieg er seine Sternwarte, um der Planeten Lauf zu verfolgen, um den Beweis der Richtigkeit Kepler- scher Gesetze zu erfahren. Seine reichhaltige Bibliothek, die 2776 Rum- mern aufwies, und die herrliche Sammlung astronomischer Instrumente waren treffliche Gehilfen bei wissenschaftlicher Tätigkeit.
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